Schwimmbäder als unverzichtbare Daseinsvorsorge vor Ort
Zwar ist der Schwimmverband NRW durchaus erfreut über die Zahl der Schwimmausbildungen, die in seinen Vereinen im vergangenen Jahr stattfanden, doch die stagnierende Gesamtsituation führt eher zu Sorgenfalten. Positiv ins Auge fällt die Entwicklung beim Frühschwimmer, im Volksmund bekannt als Seepferdchen. Mit über 28.000 erfolgreichen Prüfungen stieg die Vorjahreszahl nochmals um 8,49 Prozent und erreichte erneut ein Allzeithoch. Auch bei den klassischen Schwimmabzeichen, dem Gradmesser für die Schwimmfähigkeit, kann man mit insgesamt fast 27.000 erfolgreichen Prüfungen eine Bestmarke vermelden. Man könnte also meinen, dass alles in bester Ordnung ist. Dem sei aber bei weitem nicht so, führen die Verantwortlichen des größten deutschen Landesschwimmverbandes aus.
„Was nutzt die erfolgreiche Arbeit der engagierten Schwimmlehrer in unseren Vereinen, wenn der Schwimmunterricht in der Schule immer mehr zur Ausnahme wird und gleichzeitig die Infrastruktur für das Schwimmen wegbricht.“, so Schwimmverbandspräsidentin Claudia Heckmann. Etwa die Hälfte der rund 600 in NRW ansässigen Schwimmvereine führt eine Warteliste für die Anfängerschwimmausbildung. „Die Nachfrage nach Schwimmkursen für Kinder bleibt sehr groß. Leuchtturmlösungen wie mobile Poolcontainer stellen hier keine nachhaltige Lösung dar. Wir müssen es schaffen, dass die Schwimmausbildung in NRW auch im Sportunterricht der Schulen wieder flächendeckend angeboten wird. Dies sollte am besten schon in der Kita beginnen, so dass nach Ende der Grundschulzeit nicht nur die Hälfte, sondern alle Kinder sichere Schwimmer sind.“, so Vizepräsidentin Elke Struwe. Und das bedeutet, dass man in NRW jedes Jahr rund 170.000 Grundschüler zum sicheren Schwimmen befähigen muss. Offizielle Statistiken gibt es nicht. Repräsentative Umfragen zeigen aber, dass bundesweit maximal die Hälfte der Grundschüler dieses Ziel erreicht. In NRW bleiben rechnerisch jedes Jahr 85.000 Kinder auf dem Trockenen - obwohl die Kultusministerkonferenz sicheres Schwimmen schon vor acht Jahren als in allen Lehrplänen bundesweit zu formulierende Kernkompetenz definiert. Allerdings ist die Infrastruktur für die Schwimmausbildung oftmals gar nicht vorhanden, oder stark sanierungsbedürftig. Und ohne umfassende Sanierung droht in den kommenden Jahren laut einer Studie der Förderbank KfW etwa 14 Prozent der Hallen- und 16 Prozent der Freibäder die Schließung. Für das Land NRW, das in den letzten 25 Jahren bereits über 40 Prozent seiner Schwimmbäder verloren hat, wäre diese Entwicklung fatal.
„Bäder zählen zur Daseinsvorsorge wie Straßen, Schulen und Kitas – sie müssen bundesweit als kommunale Pflichtaufgabe verankert werden. Solange sie als freiwillige Leistung gelten, werden viele Kommunen spätestens ab 2027 angesichts der zu erwartenden explodierenden CO2-Abgaben und Energiekosten den Bädererhalt zugunsten anderer Prioritäten aufgeben. Dann droht ein dramatischer Sinkflug bei der Schwimmfähigkeit!“, befürchtet der Generalsekretär des SV NRW, Frank Rabe. Der Schwimmverband NRW als Sprachrohr von rund 600 Schwimmvereinen mit etwa 220.000 Mitgliedern appelliert daher dringend an Bund und Länder, Badbetreiber nachhaltig zu unterstützen. Außerdem ist es dringend notwendig, neben allgemeinen Freizeitbädern wieder mehr Wasserfläche für die Schwimmausbildung zu schaffen und Personal an Schulen und in Kindertagesstätten qualifiziert fortzubilden. Ein Investitions- und Förderprogramm, welches diese Themen umfassend angeht, sei unbedingt notwendig. „Wir dürfen hier die Kommunen nicht aus der Verpflichtung entlassen, denn Bäder sind aus unserer Sicht eine unverzichtbare Daseinsvorsorge vor Ort. Unsere Vereine leisten viel für die Schwimmausbildung, und zwar weit überwiegend ehrenamtlich. Aber dafür brauchen sie Schwimmflächen. Genauer gesagt: Mehr einfache Schwimmbecken und weniger Badeluxus drumherum“, verdeutlichte auch der LSB-Vorstandsvorsitzende Christoph Niessen.
Bild: LSB NRW / A. Bowinkelmann