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Fehlendes „Female Empowerment“ behindert Menschenrecht „Sport für Alle“ — auch in Deutschland

| Allgemein (LSB)

Wenn vom 1. bis 5. November 2023 Sportfunktionär*innen aus aller Welt zum 28. TAFISA-Weltkongress nach Düsseldorf kommen, wird auch während dieser Tagung ein Faktum zutreffen, das im Rahmen des Kongressprogrammes intensiv besprochen werden wird: die nach wie vor mehrheitlich männlich geprägte Vorstands- und Führungslandschaft in nationalen und internationalen Sportverbänden und -organisationen. Aber auch beim einfachen Sporttreiben selbst sind Frauen weltweit nach wie vor in der Unterzahl.

„Wenn wir davon ausgehen, dass alle Menschen das Recht haben, sportlich aktiv zu sein, müssen wir auch über die starke Unterrepräsentanz von Frauen im Sport sprechen“, unterstreicht die Diversitätsforscherin an der Sporthochschule Köln Professorin Dr. Bettina Rulofs. In vielen Teilen der Welt bestünden hier nach wie vor Probleme, die je nach kulturellem und gesellschaftlichen Hintergrund unterschiedlich stark ausfallen können. Auch in Deutschland. So sind zum Beispiel von 58 Sport-Spitzenverbänden hierzulande gerade fünf paritätisch besetzt, drei Viertel kommen nicht einmal auf 30% Frauenanteil, satte 13 Verbandspräsidien sind rein männlich besetzt1. Etwas besser sieht es bei den Mitgliedschaften in Sportvereinen in Deutschland aus. 39,2% der Mitglieder in Sportvereinen in Deutschland sind Frauen und Mädchen2. In allen Altersklassen ab 7 Jahren sind Mädchen und Frauen aber seltener Mitglied als Jungen und Männer.

Die Gründe dafür sieht Professorin Rulofs in der nach wie vor starren Binarität, die im Sport auch regelbedingt eine bedeutsame Rolle spielt: „Das Sportsystem ist noch zu sehr auf die Zweigeschlechtlichkeit, auf die Unterscheidung von Mann und Frau ausgerichtet.“ Männern wird dabei nach wie vor medial und organisational immer noch eine Dominanzrolle zugeschrieben. „In diesem Umfeld fehlen zielgerichtete Angebote, die Mädchen und Frauen proaktiv einbeziehen, aber auch die Geschlechtervielfalt stärker berücksichtigen“, so Rulofs.

Dem stimmt auch die Botswanaerin Game Mothibi zu, Senior Managerin der TAFISA und zuständig für „Women’s Sports Leadership“ seitens des Weltbreitensportverbandes. Sie erachtet es als essenziell, Mädchen zu Sport und Bewegung zu ermutigen: „Wir müssen schon früh Stereotype durchbrechen, wenn es um Sport und körperliche Aktivität geht. Mädchen für Sport zu begeistern, sie zu integrieren und zu binden und später dann als Frauen nach einer möglichen sportlichen Laufbahn in die Funktionsebenen des Sports zu bringen, das ist unser erklärtes Ziel“. Und genau dafür hat die TAFISA Programme entwickelt, um in allen Regionen dieser Welt Frauen zu stärken, wie beispielsweise die Projekte „Girls‘ Positive and Safe Coaching Pathway“ oder Führungskräftetrainings für Frauen, die sich auf Vorstandsebenen einbringen wollen.

Veränderungen sind dabei nicht einfach. „Es gibt noch verschiedene Probleme im globalen Sport, wenn es um die Inklusion generell geht. Da ist die Unterrepräsentanz von Frauen nur ein Aspekt unter vielen. Es lässt sich aber festhalten, dass Sport für Alle als Menschenrecht faktisch noch nicht umgesetzt ist. Auch nicht in Deutschland“, unterstreicht Professorin Rulofs. TAFISA-Vertreterin Mothibi unterstreicht das: „Wir sprechen weltweit von etwa 25% weiblicher Repräsentanz im Sport. Das muss sich ändern, wenn wir ‚Sport für Alle‘ zugänglich machen wollen.“

Auch kleine Fortschritte seien dabei bereits ein Erfolg, auch weil für Änderungen kulturelle Hintergründe berücksichtigt werden müssen. Mothibi fordert, dass dabei Männer in diesen Prozess einbezogen werden müssen, um alte patriarchalische Strukturen aufzubrechen. „Es reicht nicht aus, wenn Frauen allein sich untereinander stärken und fördern. Männer müssen verstehen lernen, warum Mädchen und Frauen in den Sport – auch auf Leitungsebenen – gehören. Das werden wir auch beim Weltkongress vertiefen und diskutieren.“

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Bild: LSB NRW / Andrea Bowinkelmann

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